“The Fire Was Here” (2013)

Ich bin glücklich, dass „The Fire Was Here“ ein Teil der Ausstellung „Nur Skulptur“ ist. Denn „Nur Skulptur“ kann die Konditionen einer Implikation – von eins zu eins – schaffen, „Nur Skulptur“ besitzt die Kraft zur Transformation – zur Transformation eines jeden Menschen. „Nur Skulptur“ ist universel – gerade weil sie „Nur Skulptur“ ist, „Nur Skulptur“ kann einen direkten Dialog oder eine frontale Konfrontation provozieren und „Nur Skulptur“ ist autonom – denn es ist das Autonome, das dem Kunstwerk das Absolute und die Schönheit verleiht. „Nur Skulptur“ verstehe ich auch als Manifest für Skulptur und als Behauptung von Skulptur ‚heute’ und als ein Statement gegen den nichtssagenden und trotzdem sehr oft benutzten Begriffen ‚Installation’.

“The Fire Was Here” ist der Titel meiner neuen Arbeit. Die vier Worte – auf die Wand gesprayt – waren ein Teil meiner Arbeit „It’s Burning Everywhere“ die ich vor zwei Jahren in der Kunsthalle Mannheim ausgestellt habe. Die neue Arbeit “The Fire Was Here” habe ich aus dieser alten Arbeit weiterentwickelt und herausgelöst. Die Herausforderung an mich bestand darin – nur aus den bestehenden Elementen der alten Arbeit – eine neue Arbeit zu machen, ohne dass es eine Kleinfassung wird. Tatsächlich sollte die neue Arbeit – als Teil der Sammlung der Kunsthalle Mannheim – viel weniger Platz beanspruchen als „It’s Burning Everywhere“. Ich entschied mich deswegen dafür, zwei der grossen und platzbeanspruchenden Elemente von „Ist Burning Everywhere“ ganz wegzulassen: Einerseits den auf dem Boden liegenden und den Raum teilenden umgestürzten Baum, den ich als ‚Megaform’ bezeichne und andererseits den „Schaukasten“ der die Präsentation der acht Opfer- oder Täter-Mannequins beinhaltete. Ich traf diese Entscheidung, weil ich bei meiner Arbeit immer von den einzelnen Elementen ausgehe, von ihrer eigenen Notwendigkeit und von ihrer eigenen Logik. Die Logik oder die Mission der ‚Megaform’ – des umgestürzten Baumes in „It’s Burning Everywhere“ – lag in der Raumteilung und im Massstabbruch mit den anderen in der Arbeit vorkommenden Elementen. Die Logik oder Notwendigkeit des Schaukastens in der alten Arbeiten war der Einschnitt oder der Durchbruch in die Realität des Aussen, eine andere Logik als diejenige, die durch die verschiedenen anderen Elemente der Arbeit vorgegebenen ist. Ich wollte und ich musste – um zu verhindern dass die neue Arbeit eine Reduktion der alten Arbeit wird – eine neue Logik entwickeln.

Die neue Logik von „The Fire Was Here“ liegt demnach in ihrer neuen ‚Megaform’ – was bedeutet: Das Feuer war hier – es hat gebrannt! Die Logik von „The Fire Was Here“ ist der Zustand nach dem Brand, die neue Logik der Arbeit ist die Logik einer Brandsstelle. In „It’s Burning Everywhere“ war das Material ‚Holz’ – mit den verschiedenen Holz-Imitationen – brennbares Material, also Potential oder Möglichkeit. In der Arbeit „The Fire Was Here“ hat das Material ‚Holz’ Feuer gefangen und der Brand hat stattgefunden. Ich zeige: Es hat gebrannt. Die schwarze Farbe – die ein neues Element ist – ist die neue ‚Megaform’. Die schwarze Farbe ist die Form die alles miteinander vebindet. Die Setzung der alten Arbeit ist das universelle Brennmaterial – die Setzung der neuen Arbeit ist die universelle Brandstelle.

Die Notwendigkeit eines Einschnitts in eine andere Realität – das Aussen – übernimmt in „The Fire Was Here“ der freigelassenen, unbesetzte Raum auf dem Kunsthalleboden und die freien Stellen an den Kunsthallewänden. Diese freien Fläche werden – in der Arbeit – durch die vier Glasglocken auf dem Kunsthalleboden wiederholt, sie sind wie schon in „It’s Burning Everywhere“ Ausbrüche, Überbordendes oder Blasen der Realität und des Aussen.

In meiner Arbeit „The Fire Was Here“ ist das Werk „Sculpture Architectural“ von Otto Freundlich – aus der Sammlung der Kunsthalle Mannheim – integriert. Seine Skulptur begleitet nicht meine Arbeit und ist ihr auch nicht gegenübergestellt sondern sie ist vollumfänglich in ihr eingeschlossen. Ich liebe Otto Feundlich, seine Arbeit und sein Leben. Ich bin ein Otto Freundlich-Fan und ich habe dieser Bewunderung – über Jahre – eine Form gegeben. Dabei ging es mir immer darum, eine Form zu finden die meine Liebe zu Otto Freundlich und zu seiner Arbeit ausdrückt, es ging nicht darum eine Form des Respektes zu zeigen. Liebe = Ja! Respekt = Nein! Es geht darum eine neue Form zu schaffen, eine Form – die wie die Liebe – blind, kopflos, überstürzt, übertrieben, übermütig, überhastet, atemlos und selbstüberschreitend ist. Mit dieser Dynamik will ich das Werk „Sculpture Architectural“ in meine Arbeit integrieren, ich will ‚in Not’ und ‚in Gefahr’ handeln und ich will nur das Dringlichste und das Notwendigste tun: Die Kunst vor dem Feuer retten und mich retten! Seine Skulptur steht als ein – vor dem Feuer bewahrtes Element – mitten in „The Fire Was Here“. Ich habe „Sculpture Architectural“ in meine Arbeit integriert als ein – in letzter Sekunde – aus den Flammen gerettetes Element. Ich wollte Otto Freundlich’s Skulptur retten – als Einzige.

Thomas Hirschhorn, Februar 2013